|
Guten Tag, meine
Damen und Herren! |
Ein
Jahr elektronischer Handel in Frankreich |
Vor
einem Jahr hat der Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie
mich – oder besser: uns, denn wir waren ein Team – gebeten, eine Bestandsaufnahme
des elektronischen Handels für die französischen Unternehmen
zu erstellen, die Tragweite seiner Entwicklung sowie die Hindernisse, die
sich ihm in Frankreich entgegenstellen können, zu ermitteln. Vor ein
paar Tagen haben wir dem Minister darüber Bericht erstattet, was sich
innerhalb eines Jahres in Frankreich, aber auch im internationalen Umfeld,
ereignet hat. Hatten sich unsere Prognosen verwirklicht? War der Staat,
generell gesprochen, seinen Verpflichtungen nachgekommen oder nicht? |
Großartige
Möglichkeiten |
Da es
hier speziell um KMU und KMI geht, werde ich nicht wiederholen, was Sie
alle wissen, nämlich, daß das Internet großartige Möglichkeiten
für diese Unternehmen beinhaltet, einmal weil es ihnen Zugriff auf
die ganze Welt bietet und zum zweiten, weil es den Newcomern eine Sonderprämie
verspricht. Die Großunternehmen mit ihren etablierten Vertriebsnetzen
und ihrer gewohnheitsmäßigen Vermarktung, mit ihrer Organisation
sind auf diesen neuen Märkten benachteiligt, während die jungen
Unternehmen, die Kleinunternehmen die Last der Vergangenheit weniger zu
spüren bekommen und dadurch leichter Zugang zu diesen neuen Märkten
finden. |
|
Ich
glaube, daß zu diesen allgemeinen Themen bereits alles gesagt worden
ist, und ich werde mich daher nicht weiter dazu äußern. Stattdessen
werde ich versuchen, aus der einjährigen Bilanz der Entwicklung des
elektronischen Handels einige spezifischere Lehren zu ziehen. |
Vom
Minitel... |
Was
als erstes auffällt, ist zweifellos die außerordentliche Sensibilisierung.
Vor etwas über einem Jahr noch glaubte man im allgemeinen, daß
Frankreich auf diesem Gebiet definitiv zurücklag und daß hier
nicht begriffen worden war, welch eine tiefgreifende Umwälzung sich
da abspielte. Weil die Franzosen, da sie zu Recht zufrieden und stolz auf
die Leistung des Bildschirmsystems Minitel waren, nicht verstanden hatten,
daß sich die Tür zu einem neuen Umfeld öffnete, das nicht
an unseren Landesgrenzen aufhörte. Was das Minitel-System ja tut.
Diese Umwälzung sollte viel leistungsstärkere Mittel zur Verfügung
stellen. Das war die vorherrschende Meinung, ich würde sagen, im Herbst
1997. Seither haben sich die Dinge sehr schnell weiterentwickelt, und das
ist eine recht positive Feststellung. Um eine Zahl zu nennen – ich werde
später noch näher auf den Aussagewert von Zahlen eingehen –,
die Anzahl der ans Internet geschlossenen KMU mit 10 bis 500 Beschäftigten
soll von 24 auf 48 % gestiegen sein, d.h. sich verdoppelt haben. Das ist
gut so, aber was mich mehr als diese Zahlen interessiert, ist die Realität,
die wir anläßlich lokaler oder regionaler Veranstaltungen, die
wir besucht haben, geradezu mit den Händen greifen konnten. Dazu habe
ich zwei Beobachtungen zu machen: |
...zum
Internet |
Die
erste
ist folgende: wir haben praktisch überall die Entwicklung eines
spürbaren Interesses am Internet beobachten können, das mehr
ist als pure Neugier. Wir haben eine Reihe KMU, aber auch die sie vertretedenden
Organisationen bei den lokalen Veranstaltungen getroffen, und wir haben
immer wieder mit KMU, mit Unternehmern gesprochen, die sich auf eigene
Faust auf die Reise in die Zukunft begeben haben. Sie waren sich der Veränderung
bewußt geworden und hatten den Aufbruch beschlossen. Hochinteressant,
und vor allem ganz neu in Frankreich, ist, daß mir persönlich
dieser Trend in der Provinz aktiver und dynamischer erschien als in Paris.
Wenn man darüber nachdenkt, ist es eigentlich ganz logisch, denn die
eher isolierten, die dezentral angesiedelten Unternehmen ziehen den größten
Nutzen aus diesem Instrument, das sie von einem Tag auf den anderen mit
jedem beliebigen Unternehmen in der Welt gleichstellt. Daher ist heute
eine regionale Dynamik am Werk, in der – was auch relevant ist – die Anstrengungen
der privatwirtschaftlichen Unternehmen mit denen des Staates, insbesondere
der Beamten des Ministeriums für Wirtschaft, Finanzen und Industrie,
des Staatssekretariats für Industrie, und der gewählten Volksvertreter
verbunden sind. |
…
insbesondere in den Regionen... |
Mir
ist ganz besonders aufgefallen, in wie vielen lokalen Ansätzen die
Initiativen der Gebietskörperschaften (Gemeinde, Region, Departement),
der Industrie- und Handelskammern bzw. sogar der Unternehmen verknüpft
sind. Bekannte Beispiele stammen aus dem Norden Frankreichs, aus dem Bereich
von Grenoble oder aus der Bretagne. Aber es handelt sich um eine Bewegung
mit dem Trend zur allgemeinen Ausbreitung. Bei der Nutzung des Internet
scheint man sich der Tatsache bewußt zu sein, daß auf lokaler
Ebene die Interessen der einzelnen Akteure miteinander verflochten sind.
Das Internet kann die lokale Entwicklung und Dynamik insofern stützen,
als im gleichen Netz alle Informationen und Anwendungen für den Benutzer
bereitgehalten werden, ob sie nun die Belange des Bürgers, der Wirtschaft
oder der Verwaltung angehen. Diese lokale Synergie drückt sich jetzt
aus, organisiert sich, und zwar überall in Frankreich. Dieses Phänomen
ist, meiner Meinung nach, äußerst interessant und wichtig für
die KMU. |
...die
ihre Kräfte vereinen... |
Das
Haupthindernis auf dem Weg ins Internet besteht für die KMU natürlich
in ihrer kleinen Dimension, ihrer Abgeschiedenheit, ihrer Schwierigkeit,
sich in dieser neuen Welt, in diesem internationalen Dschungel zurechtzufinden.
Alles, was sie in eine kollektive Bewegung einbinden kann, ist daher hochwillkommen.
Ein KMU kann gemeinsam mit anderen leichter ins Internet gehen als allein,
das ist doch klar. Und damit kommen wir zu meiner zweiten Beobachtung,
die vielleicht ein wenig an der Oberfläche bleibt. Sie gründet
sich nicht auf Zahlen. Sie gründet sich nicht auf vertiefte Analysen,
sondern auf den Eindruck, daß eine große Dynamik entsteht,
die sich auf eine Verknüpfung der Bemühungen aller stützt. |
Die
Mittel zur Beobachtung sind noch unzureichend. |
Ich
habe bereits angesprochen, wie schwierig die Zusammenstellung von zuverlässigem
Zahlenmaterial ist. Ich habe eine Zahl genannt, mehr werden auch
nicht kommen. Wie ich weiß, wird Ihnen ein Workshop über die
Beobachtungsstellen angeboten. Im Rahmen unserer Arbeit haben wir diesen
Aspekt ebenfalls aufgegriffen. Nur eine Bemerkung zu diesem Punkt – wir
wollen ja nicht noch eine Beobachtungsstelle einrichten. Unzählige
Instanzen sammeln Zahlen und Beobachtungen, besonders in Frankreich. Wir
haben eher versucht (wir haben auch Vorschläge zu diesem Themenkreis
unterbreitet), die Beobachtungsstellen zu vernetzen – schließlich
leben wir in einer Welt der Netze –, d.h. die Handlungen verschiedener
Akteure auf einer definierten, gemeinsamen methodologischen Basis zu kombinieren,
ohne sie zu verschmelzen oder zusammenzufassen. Wir haben von allen akzeptierte
Indikatoren festgelegt, und wir wollen im Laufe der kommenden Monate und
Jahre bei all diesen Beobachtungsstellen eine Betätigungskonvergenz
zustandebringen, in der einige sich um Statistiken kümmern, während
andere eher Fallbeispiele analysieren. Wir haben dies umfassend für
die Gesamtentwicklung des Internet in Frankreich durchgeführt; es
wäre sicherlich sinnvoll, im Rahmen dieser Beobachtungsstelle die
Aspekte KMU – KMI präziser herauszuarbeiten. |
…
der B to B (Business to Business) ... |
Noch
etwas fällt mir beim Überblick über die Bilanz des Jahres
1998 besonders auf: wenn es sich auch nicht wirklich um eine Zielverfehlung
handelt, so bleibt doch eine sehr wichtige Komponente des elektronischen
Handels allzu oft unberücksichtigt. In der Vorstellungswelt der Gesprächspartner
des privaten oder öffentlichen Sektors, die ich getroffen habe, ist
und bleibt e-commerce weiterhin der Einzelhandel. Aber die wirtschaftliche
Tragweite des Handels zwischen Unternehmen ist kurzfristig sehr viel bedeutender
als die des Einzelhandels. Wir müssen uns vor Augen halten, daß
Unternehmen, die keine Beziehung des elektronischen Austauschs mit ihren
Partnern, ihren Lieferanten aufbauen, im Einzelhandel eine schlechte Ausgangsposition
haben werden, weil sie es versäumen, ihre Organisation und ihren Betrieb
in bezug auf die Informationsnetze zu strukturieren, weil sie keine funktionalen
Verbesserungen, insbesondere keine Verkürzungen der Wertschöpfungsketten
und der Produktionszyklen, erzielen. |
Eine
anspruchsvollere industrielle Logik |
Eine
der großen Schwächen der französischen Wirtschaft als Ganzes,
wenn man sie mit der aktuellen amerikanischen Wirtschaft vergleicht, sind
weiterhin die übermäßig langen Verkettungen und Zyklusabläufe
vom Verbraucher, oder genauer: von der Bestellung, bis zur Lieferung. Ein
vielfach wiederholtes Beispiel, das Philippe LEMOINE, Ko-Präsident
des Kaufhauses Galeries Lafayette, zitiert: Aus einem Vergleich zwischen
einem amerikanischen Woolmark-Supermarkt und einem durchschnittlichen französischen
Supermarkt, die ungefähr die gleiche Größe haben, ergibt
sich, daß der erstgenannte sich einen Lagerbestand von 7 bis 8 Tagen,
der zweitgenannte von 27 Tagen hält. Dieser Unterschied gilt auch
in vielen anderen Bereichen. Wie Sie wissen, beruht der Erfolg der DEC-Computer
grundsätzlich nicht so sehr auf ihrer Technologie, sondern auf der
Fähigkeit, durch Verschlankung des Fertigungszyklus und Verringerung
des Lagerbestands die Reaktionsfrist zu verkürzen. DEC verfügt
heute über einen Lagerbestand von 7 Tagen, die Wettbewerber COMPAQ
oder IBM über das Zehnfache. Was bedeutet dies ? Es geht nicht einfach
nur um eine Reduzierung der Finanzkosten, eine Erscheinung, die uns vertraut
ist, sondern auch um die Möglichkeit einer unendlich erweiterten Flexibilität
in der elektronischen Wirtschaft, weil die Antwort auf die Kundenwünsche
nicht mehr durch das Vorhandensein eingelagerter Produkte, die abgesetzt
werden müssen, gebremst wird. Die Gefahr der Obsoleszenz besteht auch
nicht mehr. So erreicht man diese von DEC, aber jetzt auch von vielen KMU
(darauf werde ich noch zurückkommen) an den Tag gelegte Fähigkeit,
den Kunden mit maßgeschneiderten Lösungen zufriedenzustellen,
d.h. sich an seinen personalisierten, individualisierten Bedarf anzupassen,
statt ihn zu zwingen, das zu kaufen, was hergestellt wurde. Dadurch wird
die seit Henri FORD und seinem berühmten T-Modell entwickelte industrielle
Logik auf den Kopf gestellt. Ich glaube, genau darum geht es heute. |
|
Dies
setzt voraus, daß der gesamte Ablauf der Auftrags-, Fertigungs- und
Beschaffungsbearbeitung mit Bezug auf das Internet integriert wird, daß
alle EDV-Tools vernetzt werden und eine einzige Geschäftsgemeinschaft
aus dem Unternehmen selbst, seinen Zulieferern und Subunternehmern und
seinen Kunden gebildet wird. Für zahlreiche KMU, selbst wenn sie relativ
wenige Zulieferer oder Subunternehmer haben, ist es von wesentlicher Bedeutung,
sich in irgendeiner Form in die Vernetzung einzuschalten. Wenn sie diese
Dimension des Handels zwischen Unternehmen nicht einbeziehen, laufen sie
Gefahr, an den Rand gedrängt zu werden, weil die Anfragen und Ausschreibungen
der großen Unternehmen zunehmend über das Netz laufen werden. |
|
Das
war der erste Punkt, den ich hervorheben wollte, nämlich die unbedingte
Notwendigkeit zu vermitteln, daß als erste Voraussetzung der Austausch
zwischen den Unternehmen per Internet organisiert wird und man sich nicht
mit dieser beeindruckenden, über die Medien transportierten Vorstellung
einer wundersamen Entwicklung einiger Unternehmen, die Bücher oder
CDs im Internet verkaufen, zufriedengeben darf. Das ist wichtig, und wir
werden noch darauf zurückkommen, aber es ist wahrscheinlich nicht
das wesentliche Element. |
Ein
schlankeres und offeneres EDI |
Was
mir in dem vergangenen Jahr auch sehr positiv erschienen ist und über
den rein französischen Rahmen hinausgeht, ist die Entwicklung der
Technologie, die jetzt eine Umstellung der Unternehmen auf unternehmensübergreifende
Netze erleichtert und immer mehr erleichtern wird. Elektronische Verbindungen
zwischen Unternehmen sind, wie Sie wissen, bereits eine ältere Erscheinung.
Sie wurden im wesentlichen per EDI [elektronischer Datenaustausch], in
Frankreich auch teilweise per Minitel praktiziert. Aber EDI ist eine aufwendige
Technik, die nur von Experten beherrscht und gelesen werden kann, zudem
sehr teuer, so daß die KMU oftmals in eine etwas dubiose Verbindung
mit ihrem Großkunden gezwungen wurden, weil er die jeweilige EDI-Anwendung
vorgegeben hatte. |
|
Durch
den Übergang auf das Internet mit verschiedenen Zwischenlösungen,
mit Brücken, mit dem sog. "EDI light" oder sonstigen Möglichkeiten
wird das EDI Web den KMU den Zugang zu diesen elektronischen Austauschbeziehungen
zwischen Unternehmen beträchtlich erleichtern. Sie werden mit in HTML
abgefaßten Bildern arbeiten. Sie werden mit bedienerfreundlichen
Tools arbeiten, die entschieden kostengünstiger sind; dieser Trend
hat 1998 ganz eindeutig begonnen und wird sich zunehmend beschleunigen. |
Die
wesentliche Rolle des Staates |
Die
dritte Beobachtung bei diesen Anreizmaßnahmen, damit die KMU bei
ihren geschäftlichen Beziehungen auf das Internet umschalten, betrifft
die zentrale Aufgabe, die der Staat hierbei zu erfüllen hat. Auch
diese Beobachtung ist nicht neu. Wir haben sie bereits vor einem Jahr zum
Ausdruck gebracht, und jeder weiß, daß der Staat ein wesentlicher
wirtschaftlicher Akteur ist. In Frankreich werden ca. 750 Mrd. FF (das
sind ca. 115 Mrd. Euro) öffentliche Gelder für Güter und
Dienstleistungen auf nationaler und lokaler Ebene ausgegeben; wenn alle
entsprechenden Ausschreibungen im Internet veröffentlicht und die
Verhandlungen mit den Behörden nur noch über das Internet gehen,
dann werden sich alle Unternehmen, einschl. der kleinen und mittleren,
auf den Einsatz des Internet umgestellt haben. Die Dinge werden sich nicht
in allen Bereichen so drastisch abspielen, aber für die öffentlichen
Aufträge wird es sicherlich zutreffen. Es wird gleichermaßen
für alle Verfahren zutreffen, in denen Staat und Unternehmen in irgendeiner
Form aufeinandertreffen, wie etwa die verschiedenen Steuererklärungen,
Umsatzsteuer, Sozialleistungen usw. |
Entmaterialisierung
der Austauschvorgänge |
Hier
besteht die Chance, einen Anreiz zu schaffen, damit die KMU sich schnell
auf das Internet umstellen, vorausgesetzt daß sich aus diesem entmaterialisierten
Austausch für sie ein Vorteil ergibt. Wenn als Folge nur ein weiterer
Zwang entsteht, wird die Haltung ablehnend sein. Es ist daher wichtig,
daß wir uns nicht damit begnügen – wie wir es derzeit schon
umgesetzt haben – die verschiedenen Formulare so zu entmaterialisieren,
daß die Leute sie herunterladen und ausdrucken können, denn
das ist nur ein bescheidener Gewinn. Wir müssen sehr schnell das Stadium
erreichen, in dem alle Verfahrensetappen, d.h. die Umsatzsteuer-Erklärung
und anschließend deren Begleichung, bearbeitet werden können.
Und alle weiteren Prozeduren müssen voll elektronisch abgewickelt
werden können, und zwar von einem einzigen Arbeitsplatz aus. Dann
wird sich ein beträchtlicher Zeit- und Effizienzgewinn für die
KMU ergeben. |
|
1998
haben wir in diesem Bereich große Fortschritte erzielt, und ich freue
mich, das an dieser Stelle zu sagen, denn es handelt sich um etwas undankbare
Aufgaben, deren Ergebnisse nicht hervorstechend sichtbar sind. Es ist schwierig,
komplex, aber generell, und vor allem im Ministerium für Finanzen,
Wirtschaft und Industrie, waren die Fortschritte deutlich spürbar.
Selbstverständlich müssen sie noch eine Beschleunigung erfahren,
besonders bei der öffentlichen Auftragsvergabe, wo wir durch die notwendige
Reform der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gebremst werden.
Wir stehen hier also vor einem gesetzgeberischen Problem, dessen Lösung
sich extrem komplex gestaltet, so daß wir da zur Zeit eine Verzögerung
erleben. Aber ich glaube, daß alles in die Wege geleitet ist, um
den Prozeß voranzubringen bzw. zu beschleunigen. |
|
Das
waren einige Beobachtungen zur allgemeinen Problematik der KMU und ihres
Eintritts in die professionnelle Internet-Welt der Beziehungen der Unternehmen
untereinander und mit der Verwaltung. |
Im
Einzelhandel: nur ein paar Strohfeuer? |
Nun
wollen wir auf den Einzelhandel als solchen übergehen. Auch hier sind
vermehrt teilweise sehr interessante und originelle Initiativen zu beobachten.
Sie sind durch zahlreiche Preise, Challenges, diverse Wettbewerbe und natürlich
die Presse aufgewertet worden, die ihre Aufmerksamkeit auf die Erscheinungen
konzentriert, die man am besten sehen kann und die, wenn ich das so sagen
darf, im elektronischen Handel am meisten Aufsehen erregen. Die Initiativen
sind wirklich unzählig. Es ist noch zu früh, um eine Aussage
über ihren Fortbestand zu treffen, denn sie verursachen immer noch
Verluste; das ist so in Frankreich und auch anderswo. Zu Anfang steht eine
Investition, und das möchte ich als erste Information weitergeben:
Man sollte hier keine Illusionen im Hinblick auf die Einführung des
e-commerce
im Einzelhandel nähren. Die Investition ist hoch. Ich höre manchmal
erstaunliche Zahlen bezüglich der Eröffnung einer Homepage auf
GEOCITIES,
auf WANADOO oder sonstigen Plattformen, die Ihnen die Aufnahme Ihrer Elektronikhandels-Homepage
für ein paar tausend Franc anbieten. Dann sagt man sich: Jetzt kann
ich mit elektronischem Handel anfangen! Das ist natürlich eine Illusion,
und es muß um jeden Preis vermieden werden, daß die Unternehmen
sich unter Zugrundelegung dieser völlig illusorischen Zahlen auf das
Abenteuer des elektronischen Einzelhandels einlassen. Es geht selbstverständlich
um die Anpassung des gesamten Unternehmens an die Ansprüche hinsichtlich
Schnelligkeit und Effizienz, die der Kunde stellen wird. Der Kunde, der
in ein paar Sekunden oder ein paar Minuten seinen Lieferanten im Internet
findet, und zwar vielleicht um zwei Uhr nachts, erwartet natürlich
anschließend von der Logistik, der Lieferung, der Rechnungslegung,
dem Kundendienst, der Warenrücknahme, daß sie den gleichen Kriterien
gerecht werden. Für ein KMU sind all diese Etappen oft sehr schwer
zu bewerkstelligen, vor allem, wenn es seine Aktivität auf einen sehr
viel größeren geographischen Einzugsbereich ausdehnen will.
Es ist einfach, mit dem Verkauf von Gänseleberpastete aus dem Gers
nach Neuseeland beginnen zu wollen, aber es muß natürlich auch
garantiert sein, daß sie innerhalb einer den Frischevorgaben genügenden
Frist ausgeliefert werden kann, daß die Sanitätvorschriften,
die lokale Steuergesetzgebung, die Zollanforderungen usw. eingehalten werden.
All diese Aspekte wollen wohlüberlegt sein, bevor sich ein KMU in
das Abenteuer des elektronischen Handels stürzt. Dementsprechend entstehen
überall Unterstützungs- und Beratungsagenturen, die derartige
Empfehlungen aussprechen und die KMU veranlassen, die Wechselbeziehungen
zwischen dem Schaufenster im Web, den betrieblichen Abläufen, der
Logistik usw. zu bedenken. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich die Beobachtung
formulieren, daß wir solche Träger aus dem öffentlichen
und privatwirtschaftlichen Bereich sich vermehren und Berater und Consultants
aller Art florieren sehen. |
Fragestellungen
der KMU |
Ich
stelle mir allerdings die Frage, ob unsere bedauernswerten KMU dieser unübersichtlichen
Vielzahl an Beratungsangeboten nicht etwas perplex und hilflos gegenüberstehen
und ob nicht schließlich "das Bessere des Guten Feind" ist. Die Beobachtungen
im Zuge unserer Bewertung, unserer Bilanzierung haben uns gezeigt, daß
unsere KMU heute doch eher den Eindruck einer zunehmenden, nicht abnehmenden,
Komplexität haben. Obwohl das Internet ein Mittel zur Vereinfachung
sein sollte, wird es heute von denen, die diese neuen Märkte erobern
wollen, als ein unendlich komplexes Instrument wahrgenommen, weil man nicht
genau weiß, an wen man sich wenden soll, nicht genau weiß,
durch welche Pforte man am besten hineinkommt, weil es so viele Angebote
zur Unterstützung gibt, die sich alle auf sehr viel gutem Willen gründen.
Es gibt viele Beihilfen, kostenlose Unterstützungen, Subventionen,
finanzielle Beteiligungen u.a. Ja sicher, aber welchen Weg soll man einschlagen?
Welche Marschroute ist die beste? Ich befürchte heute eine zunehmende
Verzettelung derjenigen, die auf den elektronischen Handel übergehen
wollen, wenn sie nach dem richtigen Eingang, der passenden Subvention,
der besten Beratung suchen. |
Den
KMU das Leben vereinfachen |
Unsere
Bemerkung bzw. unbedingte Schlußfolgerung zu diesem Punkt heißt,
daß als Priorität für 1999 keine neuen Systeme hinzugefügt,
keine weiteren Initiativen ins Leben gerufen (es gibt glücklicherweise
schon genügend) werden sollten, sondern sie sollen vereinfacht werden,
um das Leben der KMU zu erleichtern. Oft ist bei einem KMU der Unternehmer
ganz allein, und er verfügt nicht über die ausgefeilten hierarchischen
Strukturen der großen Institutionen. Diese Feststellung ist ein Gemeinplatz.
Er hat nicht viel Zeit für diese Dinge, und wenn ihm geholfen werden
soll, dann ist es ein Bärendienst, ihn von einem Schalter zum anderen,
von einer Beihilfe zur anderen zu schicken, denn dabei verliert er seine
wahre Aufgabe aus den Augen, nämlich seine Kunden zufriedenzustellen
und Geld zu verdienen. |
|
Also,
das Schlagwort heißt Vereinfachung, was aber wohl keine Neuauflage
des alten französischen Mythos der "einzigen Anlaufstelle" bedeutet.
Auch hier liefert die Technologie Antworten. Schauen wir uns an, was sich
auf weltweiter Ebene auf dem Markt abspielt. Um Lieferanten und Abnehmer
auf dem internationalen Markt zu führen, müssen elektronische
Zugangspforten zum Markt eingerichtet werden. Natürlich sind das keine
kostenfreien Pforten, sondern Unternehmen, die Geld verdienen wollen. Dennoch
sind es außerordentliche nützliche Pforten, wo der Kunde bei
der Hand genommen, zu den Homepages geleitet, zu bestimmten Diensten zugelassen
und in eine Gemeinschaft eingeführt wird, genauer gesagt, es werden
Solidaritätskomponenten zwischen den Kunden eingerichtet. |
Neue
Organisationsformen |
Ich
glaube, daß der beispielhafte Charakter dieser weltweiten Marktstrukturen
uns veranlassen sollte, die administrativen Organisations- und Funktionsformen
auf lokaler Ebene neu zu überdenken, und zwar sowohl in der Strukturierung
der professionellen Gemeinschaft als auch durch die Einrichtung von Eingangspforten
zu allen Unterstützungssystemen und zu den Beratungssystemen. |
|
Wir
wollen also nichts abschaffen und keine Vereinheitlichung betreiben, sondern
effiziente Suchinstrumente einrichten, mit denen man die passenden Systeme
finden kann. Instrumente allein schaffen es nicht, es ist auch wichtig,
die menschlichen Anstrengungen zu vereinen. Wenn ich von menschlichen Anstrengungen
spreche, meine ich damit nicht nur die Fachabteilungen der Verwaltungen,
sondern alle Akteure. Eine wichtige Lehre, die wir aus diesem Jahr der
Beobachtung des elektronischen Handels gezogen haben, ist, daß die
Zusammenarbeit und eine enge Abstimmung aller Akteure unterbrechungsfrei
gewährleistet sein muß. Sicherlich, die ersten im elektronischen
Handel sind die Unternehmen, nicht die Behörden. Die Verwaltung wird
nicht als Zugpferd für e-commerce dienen können. Das versteht
sich von selbst. Auf der anderen Seite, die nutzbringende, erleichternde
Rolle leugnen zu wollen, die die Verwaltungen bei der Entwicklung dieser
Märkte spielen können, wäre gleichfalls ein Irrtum. |
Der
Staat muß mit gutem Beispiel vorangehen |
Daher
glaube ich, daß wir – und in unserem Land ist das eindeutig der Fall
– neue Formen oder jedenfalls neue Entwicklungen, Abstimmungsmodalitäten
zwischen den Akteuren aus den Verwaltungen, den Berufsverbänden, den
Unternehmen und oftmals den gewählten Volksvertretern und den Gebietskörperschaften
erfunden haben, vor allem auf regionaler und lokaler Ebene. Ich habe das
zu Beginn meines Beitrags schon angesprochen und ich habe erwähnt,
daß ich immer mehr Beispiele hierfür beobachte. Ja, sicher,
wir müssen in diesem Bereich noch weiter gehen, noch strukturierender
wirken. Vor einem Jahr haben wir vorgeschlagen, daß jede Region ein
Projektteam mit Vertretern aus den Regionaldirektionen für Industrie,
den Regionaldirektionen für Außenhandel, den Handelskammern,
den Berufsverbänden bilden soll, das an präzise ermittelten Projekten,
insbesondere im Hinblick auf die Vereinfachung der Schnittstelle zu den
KMU, arbeitet. Nach einem Jahr stellen wir fest, daß diese Empfehlung
nur selten umgesetzt worden ist. Vielleicht war sie nicht sinnvoll, aber
jedenfalls sollte dieser Frage doch nachgegangen werden. Ich glaube, daß
wir Pforten brauchen, aber hinter den elektronischen Pforten brauchen wir
auch Männer und Frauen, die miteinander arbeiten und die in der Lage
sind, ein Thema beschleunigt zu behandeln und den KMU eine Antwort zu liefern.
In der Ära der Momentaninteraktivität in den Netzen müssen
die Menschen auch so funktionieren können. |
Die
Kunst der Innovation |
Als
vorletzte Beobachtung – vor einem Jahr haben wir auf die Notwendigkeit
hingewiesen, angesichts des elektronischen Handels unsere Philosophie bei
der öffentlichen Unterstützungspolitik, genauer gesagt, bei der
Innovationsförderung in diesem Bereich, zu verändern.
Wir haben uns traditionell immer stark in die Förderung der technologischen
Innovation engagiert. Der elektronische Handel wird vor allem eine Innovation
der Gebräuche sein, darüber muß man sich im Klaren sein.
Aber auch das ist wirkliche Innovation. Oft geht es darum, bereits vorhandene
Komponenten des Hardware- oder Softwarebereichs (meist des Softwarebereichs)
aus dem Regal zu nehmen und zu identifizieren, denn das weltweite Angebot
ist gigantisch und wächst explosionsartig Tag für Tag, sie dann
in einer neuen Reihenfolge oder Anordnung zusammenzustellen, um Leistungen
oder Produkte vorzustellen, oder besser gesagt, sich auszudenken, die wertschöpfend
für den Kunden sind, ihm das Leben erleichtern, ihm bei seiner täglichen
Vorgehensweise auf den elektronischen Märkten helfen. Und das ist
wahre Innovation. |
Ein
neuer Zusammen-hang |
Wir
müssen der Tatsache Rechnung tragen, daß die Innovation im Handel
selbst genau wie die Innovation in der Technologie eine Förderung
verdient. Und das Gleiche gilt für bestimmte Dienste, die nicht wegzudenken
sind, die sich entwickeln müssen, um den elektronischen Handel zu
begleiten. Hierbei denke ich an die Zertifizierungsdienste, an all diese
neuen Vermittlungen, die Sicherheit für den Kunden, Sicherheit für
den Markt bedeuten: Zertifizierung, Verleihung von Gütezeichen und
viele andere Sicherheitsmaßnahmen, die für die Entwicklung und
den Fortschritt dieses Marktes unerläßlich sind. Auch hier handelt
es sich um Innovationsfelder, die wohl auch so bewertet werden müssen
wie die Technologie bewertet wird. Sie sind genauso wichtig. |
Die
Mentalitäten anpassen |
Wir
wollen Schluß machen, zumindest in Frankreich, mit diesen verwaltungstechnischen
Trennungen, diesem Schubladendenken mit KMU, KMI, technologischer Innovation,
Gebrauchsinnovation, Diensten, Leistungen usw. Die Geisteshaltung tut sich
schwer mit der Evolution, und ich weiß auch, daß es administrative
Sachzwänge gibt, aber ich glaube, daß ihre Auflösung Dringlichkeitscharakter
hat. |
Die
Evolution akzeptieren |
Meine
letzte Beobachtung zum Abschluß: Dieser Vormarsch, der sich eigentlich
recht gut anläßt, kann nur weitergehen, wenn wir auch bei der
Ausbildung alle Kräfte einsetzen. Wir müssen das Stadium der
Sensibilisierung hinter uns lassen. Es geht nicht nur darum, allen KMU
in Frankreich einige exemplarische Erfolge zu beweisen oder vorzuführen.
Es geht darum, die Verantwortlichen dieser Unternehmen auszubilden, damit
sie bei ihrem Ansatz nicht durch die Befürchtung blockiert sind, daß
Jüngere sie überholen, daß ihr Webmaster sie ausschaltet
oder daß sie nicht mehr nachvollziehen können, was Sache ist.
Sie müssen ausreichend geschult sein, damit sie zunächst einmal
verstehen, daß sie nicht alles zu verstehen brauchen, daß sie
nicht wissen müssen, wie das funktioniert, sondern daß sie zu
analysieren haben, welcher Nutzen aus diesen neuen Instrumenten gezogen
werden kann. Selbst wenn sie nicht wissen, wie die Mittel funktionieren,
der von ihnen geschaffene Mehrwert besteht in der Ausschöpfung ihres
nutzbringenden Potentials, im Verständnis der möglichen Anwendungen.
Unter diesem Gesichtspunkt müssen ihre Besorgnisse zerstreut werden,
muß ihnen der Weg in diese neue Welt geebnet werden, wobei sie Anstrengungen
bei der Ausbildung unternehmen müssen. |
|
Gleichermaßen
müssen weitere Personalkategorien geschult werden, deren Arbeitsplatz
in Frage gestellt wird, beispielsweise weil die geforderte Qualifikation
sich ändern wird; hier denke ich natürlich vor allem an Mitarbeiter
des Informatikstabs, die in ein neues EDV-Universum überwechseln müssen.
Aber das gilt auch für Beschäftigte aus Vertrieb und Logistik,
bei denen die zu erwartenden organisatorischen Veränderungen manchmal
ihren Arbeitsplatz, fast immer jedoch ihre Qualifikation in Frage stellen. |
Ausbildung
für neue Berufe |
Um Blockierungen
zu vermeiden, und zwar gilt das sowohl für die großen als auch
für die kleinen Unternehmen, ist es demnach von wesentlicher Bedeutung,
daß es uns gelingt, rechtzeitig die für ihre Weiterentwicklung
erforderlichen Ausbildungsmaßnahmen durchzusetzen. |
|
Dann
müssen noch die Ausbildungen für neue Berufe gewährleistet
werden. Der elektronische Handel wird von der Entstehung einer Reihe neuer
Berufe begleitet. Wenn uns nicht rechtzeitig die notwendigen Männer
und Frauen zur Verfügung stehen, werden wir durch das Nichtvorhandensein
ausreichender Mittel gebremst. Das einfachste und bezeichnendste Beispiel
ist der Webmaster, der weder Informatiker, noch Kommunikations-, noch Marketingspezialist
ist, sondern all das gleichzeitig. Wir könnten viele weitere Beispiele
nennen. Das Internet beinhaltet, ganz besonders für die KMU, die Entstehung
und Entwicklung neuer Berufe. Diese neuen Berufe müssen begriffen,
analysiert, geplant werden, und es müssen die entsprechenden Ausbildungsgänge
eingerichtet werden. Das bedeutet natürlich, daß wir in unseren
Schulen und Universitäten, so wie sie heute sind, eine große
Anstrengung unternehmen, um den elektronischen Handel dort anzusiedeln,
um dort auch eine Überlegung über diese neuen Instrumente und
über ihre Folgen für die Funktionsweise der Unternehmen in Gang
zu bringen. |
|
So,
hiermit ist mein Überblick abgeschlossen, der in vielfacher Hinsicht
den Rahmen der KMU sprengt, der aber nach meiner Auffassung in erster Linie
die KMU betrifft. Es bestätigt sich, daß das Internet für
die KMU und auch für die Existenzgründer großartige Möglichkeiten
beinhaltet, daß es ein neuer Raum ist, der sich auf die Dimension
der Welt erweitert. Die Möglichkeiten wollen jetzt ergriffen sein.
Die öffentliche Hand – sei es auf regionale, lokale, nationale oder
europäische Ebene – hat eine Rolle zu spielen, die sie aber nur dann
auf intelligente Weise übernehmen kann, wenn sie es in enger, in täglicher
Abstimmung mit den Marktteilnehmern tut. Sie darf sich nicht von einem
Begeisterungssturm mitreißen lassen, der bei den Unternehmen und
den KMU nur zusätzliche Verwirrung stiften würde. |
Das
Leben der KMU vereinfachen |
Mein
letztes Wort heißt: Wir wollen das Leben der KMU vereinfachen.
Vielen Dank. |